Projekt ‘SCHÖNE TÖNE’ – Sanierung der Walcker-Orgel

Als Faustregel gilt unter Orgelbauern, daß eine Orgel etwa alle 25 Jahre gründlich gereinigt werden muß. Bei einer solchen Maßnahme werden häufig auch Verschleißteile getauscht, die im Zuge der normalen Wartung oder auftretender Reparaturen nur mit großem Aufwand zu erreichen wären.

Die letzte große Reinigung unserer Orgel hat in den Jahren 1990/1991 stattgefunden, seitdem wurden sporadisch auftretende Defekte immer kurzfristig behoben. Seit einigen Jahren zeigen sich häufiger Defekte im Bereich des Spieltisches, die aufgrund der Enge und der technischen Komplexität nur mit großem Aufwand zu beheben sind. Auch ist festzustellen, daß die Spielgeräusche aufgrund der Verhärtung von Filzen und Ledern in den letzten Jahren zugenommen haben.

Schimmel in der Orgel

Zudem wurde der Gemeinde während eines Reparatureinsatzes durch den beauftragten Orgelbauer mitgeteilt, daß in der Orgel ein zunehmender Schimmelbefall festzustellen ist.

Ziel der Maßnahme ist es, die Orgel für die nächsten Jahrzehnte spielfähig zu halten, um sie in Gottesdiensten und Konzerten sowie für die Ausbildung von Kirchenmusikern nutzen zu können. Dabei soll der fast komplett erhaltene Originalzustand des unter Denkmalschutz stehenden Instrumentes nicht verändert werden.

Zur Behandlung des Schimmelbefalls muß dabei die Orgel in sämtliche Einzelteile zerlegt werden, alle Oberflächen müssen mit Alkohol gereinigt werden.

Filigrane Faltenbälge

In einer pneumatischen Orgel werden alle mechanischen Vorgänge über Faltenbälge ausgelöst, d.h. ein Luftstrom durch eines der vielen Bleirohre hat zur Folge, daß sich das bewegliche Oberteil des Balges hebt. Wird also am Spieltisch ein Registerschalter betätigt, so hebt sich der entsprechende Registerbalg und das zugerhörige Register wird mit Spielwind versorgt. Wird dann ein Ton gespielt, so öffnet Balg unter der Pfeife das Ventil darunter und der Ton kann erklingen.
Die Bälge bestehen aus dünn geschabtem Leder und sind entsprechend empfindlich. Entlang der Falzung reißen die Bälge durch die ständige Bewegung beim Spiel ein und müssen dann getauscht werden. Bei vielen Bälgen hat sich das Leder nicht mehr in die ursprüngliche Falzung gelegt, sondern ist nach außen gewölbt: der Balg ist ‚ausgeblasen‘. Das führt bei dicht nebeneinander liegenden Bälgen leicht zu ‚Heulern‘, d.h. ein Balg klemmt eine Lederschicht des Nachbar-Balges ein und kann nicht mehr zurückfallen. Ein störender Dauerton der zugehörigen Pfeife ist die Folge:

Drangvolle Enge im Spieltisch

Während man an die Registerbälge und die Bälge unter den Pfeifen für einen Austausch einigermaßen herankommt, ist der Spieltisch viel zu eng mit Bleirohren, Seilzügen und Bälgen bestückt – alleine im Spieltisch sind rund 500 Bälge verbaut! Hier macht der Austausch einzelner Bälge wenig Sinn, vielmehr muß der Spieltisch komplett in seine Einzelteile zerlegt werden, die Verschleißteile – also die Bälge – sollen komplett getauscht werden. Insgesamt sind in der Orgel rund 3500 Keilbälge in verschiedenen Größen verbaut.
Weitere geplante Maßnahmen: die Befestigung der Bleirohre, durch die der Luftstrom zu den Bälgen und zu den Registern fließt, ist an vielen Stellen brüchig, d.h. alle Kondukten müssen mit Warmleim neu eingeleimt werden, um Windverluste innerhalb der Orgel zu vermeiden:

Das leidige Geld…

Die hier beschriebenen Maßnahmen sind bei weitem nicht erschöpfend – auch verhärtete Filze und Ledermuttern stören das Orgelspiel durch lautes Klappern deutlich. Die gesamte Projektsumme beträgt € 120.000 – davon sind bisher ’nur‘ gut € 70.000 durch viele private Spender, durch Eigenmittel des Fördervereins und der Kirchengemeinde sowie durch Zuwendungen der Alfried und Cläre Pott-Stiftung, der Stiftung Orgelklang und der Leibinger-Stiftung gedeckt.
Man kann schnell rechnen: rund € 50.000 fehlen noch zu unserem Ziel. Wenn Sie uns unterstützen möchten, so finden Sie hier die Kontodaten des Fördervereins und ein Spendenformular.

Mal reinhören…

Unten finden Sie zwei Hörbeispiele von Konzerten: Prof. Carsten Wiebusch – ehemaliger Kantor unserer Kirchengemeinde und daher mit der Orgel bestens vertraut – spielt „B-A-C-H“ von Franz Liszt. Er hat bei der Aufführung während eines der Benefizkonzert zu Gunsten der Orgelsanierung bewußt auf einen Registranten verzichtet, um die vielfältigen und komplexen Spielhilfen der Orgel zu demonstrieren.
Das zweite Beispiel stammt aus unserer monatlich stattfindenden ‚Orgelmusik zur Marktzeit‘: Wolfgang Kostujak spielt Opus 145/3 „Weihnachten“ von Max Reger. In diesem Beispiel treten die erwähnten Klappergeräusche (leider) sehr deutlich zu Tage.

Mal reinschauen…

Zum guten Schluss ein kurzer Eindruck, was passiert, wenn am Spieltisch eine Taste gedrückt wird: am anderen Ende der vielen Bleirohre hebt der Wind einen Balg und damit einen langen Draht, an dessen oberem Ende das Ventil sitzt, das den Wind in die entsprechende Pfeife freigibt: der gewünschte Ton erklingt…